Von Fotopässen und Veranstaltern

Das hier wird wohl mein erster Post ohne Foto. (ok. eins ist drin.)

Aber seit einigen Tagen denke ich auf einer Sache rum, die mich beschäftigt. Es geht um den Versuch, eine Akkreditierung für ein Konzert in Köln zu bekommen. Ohnehin ja schon ein kleines Tabuthema über das nicht gern offen geredet wird. Fotopässe sind Heiligtümer. Die, die sie verteilen, haben die Macht.

Im Graben vor der Bühne stehen dürfen, den Musikern ganz nah sein, die Kamera mitnehmen dürfen. Das ist schon toll. Wobei ohne Kontakte nichts geht. In der Realität ist die Sache oft auch ein wenig uncooler. Man wühlt sich mit Konzertbeginn durch eine Menschenmenge, die nicht immer verständisvoll auf uns Fotografen reagiert, versucht binnen Sekunden das richtige Objektiv, die richtige Einstellung, den richtgen Standpunkt und das richtige Bild zu erwischen und dann – mit dem letzten Ton des dritten Songs, schiebt ein Security uns aus dem Graben zurück in die Menge. Die uns jetzt noch blöder findet. Die wollen nämlich tanzen, hüpfen und feiern und nicht den Fotografen Platz machen. Meist gibt es zwei Optionen: Kamera abgeben und bleiben – oder gehen. Das erste war für mich bisher keine Option, also bin ich immer gegangen.

So. Nun behaupte ich mal von mir selbst, nicht sonderlich naiv zu sein. Ich glaube gerne an das Gute im Menschen und an Zufälle und bin auch glücklich, dass ich mit dieser Sicht der Dinge meist gut fahre. Ich habe auch vollstes Verständis, dass nicht jeder, der es versucht einen Fotopass bekommt. Verschiedene Kriterien müssen erfüllt sein. Presseausweis oder Auftraggeber. Sonst könnte ja jeder kommen.

Als Freelancer muss ich akzeptieren, dass ich nicht bei all den Konzerten fotografieren kann, bei denen ich gerne möchte. Natürlich schneien da auch Absagen ins Postfach. Aber bei der letzten kam ich ordentlich ins Grübeln. Und dazu würde mich mal eure Meinung interessieren.

Es ging um eine Akkreditierung für ein eher kleines Konzert im Kölner Gloria und es hatte sich nicht gerade Justin Bieber angekündigt. Soll heißen, die Zahl der interessierten Fotografen dürfte sich im Rahmen halten. Auf meine Akkreditierungsanfrage an den Veranstalter erhielt ich folgende Antwort:

„Grundsätzlich steht einer Akkreditierung nichts im Wege. Haben Sie denn die Möglichkeit im Vorhinein etwas für uns zu tun? Eine Ankündigung oder ein Vorbericht?“

Aha. Ich bekäme also den heißbegehrten Fotopass wenn ich in irgendeiner Form das bevostehende Konzert ankündigen würde. Mich reinkaufen also. Das ist aber VOR dem Konzert nun gar nicht meine Aufgabe. Schon gar nicht ohne (meine) Fotos. Berichtet werden soll nach dem Konzert. Bisher war ich der Meinung, dass diese Art der Nachberichterstattung für Künstler, Plattenfirma und CD-Verkäufe auch in Ordnung und interessant sei. Ich war überrascht, als ich diese Antwort bekam:

„Eine Nachberichterstattung ist für uns als Konzertveranstalter leider nicht interessant.
Da unser primäres Interesse darin liegt Tickets zu verkaufen, ist unser Anliegen, dass Interessenten vor dem Termin vom Konzert erfahren.
Leider kann ich hier keine Akkreditierung vornehmen.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.“

Was ja im Endeffekt Erpressung ist. Und welches Verständnis eigentlich? Ohne Ankündigung, Link, Bericht oder was weiß ich was wird mir die Möglichkeit genommen über das Konzert zu berichten. Der Veranstalter sucht sich in diesem Fall die ihm passenden Journalisten aus, stellt seine Ticketverkaufswünsche vor die Nachberichterstattung die vielleicht dem Label auch nicht unrecht wäre.

Mich interessiert, wie ihr das seht und wie eure Erfahrungen sind. Zu meinen Erfahrungen zählt, dass die großen Veranstalter meist freundlicher und unkomplizierter auf Anfragen reagieren und die kleinen die Mails, Anrufe und mehrmalige Nachfragen oft ignorieren. Diese rumschleimerei ist nicht mein Ding.

Wie seht ihr das?

Update: Manchmal hilft es sich ein wenig zu ärgern und so werde ich am Freitag doch zu Cock Robin gehen…

Update 2: September 2012: Da das Thema heute noch einmal hochkochte, hatte ich diesen Post getwittert. Ich bin damals zu dem Cock Robin Konzert gegangen, nachdem ich mich bis hin zum Manager der Band in Frankreich geschimpft hatte. Aus heutiger Sicht hätte ich gar keine Bilder machen sollen von dem Abend.

17 Kommentare

  1. Daniele

    Huhu
    also DU bist ja da der Profi und ich nur der kleine Blümchenfotograf, aber wäre es , sofern sich sowas häuft, nicht sinnvoller statt an den Veranstalter an die jeweilige Plattenfirma zu schreiben? Die dürften ja schon Interesse an einer Nachberichterstattung haben, oder?

    Gruß
    Daniele

    1. Heike

      @Daniele: im Prinzip schon. Bloß ist der Veranstalter für die Akkreditierungen zuständig, nicht die Plattenfirma. Ich gehe mal davon aus, dass die Plattenfirma schon an einer Berichterstattung interessiert ist.

  2. Daniele

    …ich könnte mir halt vorstellen, dass es noch was gleichwertig oder sogarhöherwertiges von der Plattenfirma gibt. Immerhin sind die ja ursprünglich die Auftraggeber. Vielleicht bekommt man von denen eine „Spezial.Einladung“ oder sowas. Also mal angenommen die Plattenfirma würde Dich wollen, da kann der Veranstalter ja nicht nein sagen.

    1. Heike

      Ja, das gibt es. Hatte ich auch schon. Wenn die Plattenfirma sich kümmert ist es natürlich nett und komfortabel. Aber nicht der erste Weg…

  3. Peter

    …eine Unsitte, da gebe ich Dir Recht. Zumal die Presse ja unabhängig sein soll und man auch deshalb nicht auf solche „Angebote“ eingehen sollte. Das ist vielleicht auch die einzige Möglichkeit, dem beizukommen: Mit Hinweis auf die Unabhängigkeit der Presse die Akkreditierungsanfrage zurückziehen. So bitter das ist, wenn man dadurch verzichten muss.

    1. Heike

      @Peter danke für deinen Kommentar! Es ist ein fieses ‚Unter-Druck-Setzen‘. Ich bin auf meine Art mit der Sache umgegangen. Aber bestimmt nicht werde ich irgendeinen erzwungenen Bericht im Vorfeld mit Fotos aus dem Archiv verfassen.

  4. Peter

    @Heike: es ist auch aus Sicht der Veranstalter nicht besonders professionell, denn als Veranstalter sucht man sich Präsentationspartner (bzw. die Promotionagentur macht das) und die berichten dann. Im Gegenzug gibt es dafür Freitickets. So läuft das normalerweise. Bei jedem Journalisten um einen Vorbericht zu betteln zeugt auch von einer gewissen Verzweiflung…

  5. Birgit

    Schwierig. Unbezahlt Werbung aus Prinzip nicht. Aber wenn die dir zusichern, dass du garantiert reinkommst, wenn du vorher drüber schreibst, könntest du ja einen Artikel darüber schreiben, dass du darüber schreiben musst. Ähnlich wie jetzt.

    Dann hast du drüber berichtet und sie müssen dich reinlassen – oder ihr Wort brechen, was noch einen Artikel nach sich ziehen würde.

    Hab in der Branche jetzt so gar keine Erfahrungen, aber ich glaub, ich würd es so machen. Einfach aus Prinzip, weil sie es nicht anders verdient haben *fg*

  6. frank

    …auch wenns vorbei ist, aber spätestens nach der zweiten mail von denen wäre der laden definitiv für mich gestorben…in allen belangen.

  7. Herrmann

    Typisch für alle Veranstalter, Fotografen sind für die das Letzte und stören nur. Bands, Plattenhersteller und auch die Veranstalter sollten sich einmal fragen woher die Coverfotos auf den CDs kommen, wer die Heinzelmännchen sind, die die Fotos für die Werbeplakate für all die Konzerte erstellen. Richtig die Fotografen. Man stelle sich vor, es findet ein Konzert statt, keiner weiß wo, weil niemand darüber berichtet und alle CDs haben ein weißes Cover mit Bandname und CD-Titel, wäre das nicht toll und einfallsreich? Hebt sicherlich die Verkaufszahlen von Konzertkarten und CDs.

  8. Philippowitsch

    (Der Artikel ist zwar schon uralt, aber er wurde irgendwie gerade getweetet)
    Das Desinteresse an einer Nachberichterstattung derart unverblümt zu formulieren, verblüfft mich schon etwas und kommt tatsächlich einer Erpressung gleich.
    Ich finde den Vorschlag von Peter gut. Wenn sich ein Journalist in seiner Unabhängigkeit eingeschränkt fühlt, muss er eben auf die Akkreditierung verzichten und hoffen, dass der Veranstalter seine Konsequenzen draus zieht.
    Allerdings würde ich gerne noch zwei Anmerkungen loswerden.
    1. Ist nicht jeder Veranstalter so, wie es Herrmman darstellt. Die, die ich kenne, haben durchaus ein Interesse an guten Fotos und natürlich auch an einer Nachberichterstattung.

    2. Gehört zu den Aufgaben des Journalismus nicht auch Informieren? Wenn also ein Journalist und/oder Blogger ein Konzert als empfehlenswert ansieht und dies in seinem Text subjektiv begründen kann, ist es doch total in Ordnung eine Ankündigung zu schreiben. Insofern finde ich es vom Veranstalter erstmal nicht vermessen zu fragen, ob im Vorfeld etwas über das Konzert gebracht werden kann. Auch wenn ich das in einem anderen Ton getan hätte.

    1. Heike

      @Philippowitsch – Der Artikel ist uralt, das Thema war heute aber wieder brandaktuell. Auch wenn ich am Ende zum Konzert gegangen bin (was vielleicht ein Fehler war) – und ich mich bis zum Manager durchgeschimpft habe, lasse ich mir doch nicht vorschreiben, meinen Blog/mein Magazin zu einer Veranstaltungsankündigungsbörse zu machen. Wenn andere das machen im Tausch für Freikarten, joah…

  9. Philippowitsch

    @Heike – Wie gesagt, die Frage als solche (nach der Vorankündigung) finde ich nicht schlimm. Es besteht ja auch ein Unterschied zwischen Veranstaltungsankündigungsbörse und einem Blog/Magazin, das ab und zu eine Empfehlung ausspricht.
    Die vertraliche Abtretung aller Fotorechte an die Band (siehe Coldplay in Köln) finde ich da weitaus bedenklicher.

  10. Beatrix Mutschler

    Hallo Heike,

    ich arbeite selbst seit inzwischen sieben Jahren als freiberufliche Fotografin für diverse Online-Magazine. Leider habe auch ich schon die Erfahrung gemacht, dass man ohne Vorankündigung nicht für einen Fotopass berücksichtigt werden kann.. selbst dann nicht, wenn man kurzfristig doch noch eine Vorankündigung auf die Homepage setzt. Die Antwort damals war „normalerweise schreibt man erst die Ankündigung und fragt dann nach nach der Akkreditierung und nicht umgekehrt. Außerdem ist es zwei Tage vorher zu kurz vor dem Konzert.“

    Ich hab mich damals auch geärgert und nur gedacht: „Eine kurzfristige Ankündigung ist doch besser als keine-und wenn man’s schon Monate vorher ankündigt, dann liest es zu dem Zeitpunkt zwar ein Großteil, aber wer merkt sich denn alle Daten bis zu dem Termin?“ So etwas würde nur dann Sinn machen, wenn es was richtig großes ist und man sowieso alle paar Tage Neuigkeiten dazu bekommt..

    Nachberichte habe ich dafür in der Tat bisher in den seltensten Fällen abliefern müssen-die Fotos klar, aber in schriftlicher Form wollte kaum jemand etwas haben. Dabei können doch diese auch helfen, den Ticketverkauf für noch anstehende Konzerte oder der nächsten Tour zu fördern.

    Manche Dinge muss man wohl nicht verstehen, warum auch immer manche Veranstalter die Ansicht vertreten, eine Vorankündig sei besser als ein Nachbericht.. vielleicht haben sie aber auch einfach nur Angst davor, man könnte etwas negatives zu dem Gig schreiben und damit den Ticketverkauf gefährden. Aufregen lohnt sich aber in keinem Fall, das schlägt nur auf die eigene Gesundheit 🙂

    LG, Bea

  11. Jens

    Naja, als versierter Konzertfotograf geb ich auch mal einen Kommentar dazu ab:

    Natürlich ist dem Veranstalter lieb wenn im Vorfeld darüber berichtet wird, das tun im übrigen ALLE Magazine, irgendwo wird sicherlich im Vorfeld das Konzert erwähnt und wenn es nur in einer allgemeinen Termin Übersicht ist.

    Aber wenn man dies nicht vorher möchte, dann hat man ja auch die Möglichkeit sich über das Label oder das Management zu akkreditieren. Wenn die einen Sinn darin sehen einem das Fotografieren zu erlauben, dann darf man es mit Sicherheit auch. Ich habe noch NIE erlebt das ein Veranstalter es ablehnt, wenn er von Label oder Management kontaktiert wird mit der Bitte einen zu akkreditieren.

    Warum für einen Veranstalter Vorberichte wichtiger (oder mindestens genauso wichtig) sind wie Nachberichte ist auch eigentlich verständlich wenn man sich die Sache genauer anschaut. Meist gibt es für eine Tour, mehrere Veranstalter – denn die großen Veranstalter kooperieren dort mit örtlichen ihnen bekannten Veranstaltern.
    Die Örtlichen Veranstalter haben natürlich nicht viel davon, wenn du die show 3 Tage später in einem anderen Bundesland bewirbst, der Tourveranstalter hingegen hat schon etwas davon, denn er verdient an allen Shows. Daher ist ihm an der Nachbericht Erstattung gelegen.

Dein Kommentar