Das Wetter in Detroit – Arschkalt aber wunderschön

Das Wetter in Detroit fasziniert mich. Genau wie die ganze Stadt. Viele fragen mich, was ich hier eigentlich mache und ob es nicht langweilig wäre. NEIN. Es ist überhaupt nicht langweilig hier. Weder allein hier zu sein ist langweilig noch ist es generell langweilig in Detroit. Ich bin den ganzen Tag über unterwegs und das liegt nicht nur daran, dass ich häufiger mal unfreiwillig nicht den direkten Weg nehme.

Ich verliebe mich jeden Tag ein Stück mehr in diese Stadt und mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, euch überreden zu können, the big D eine Chance zu geben. Meine Empfehlungen und Tipps für einen Aufenthalt in Detroit folgen also bald.

Detroit_day2013

Detroit_day2006

Frühstückslocation: The Detroit Institute of Bagels

Was ein Wetter Detroit.

Allerdings ist der Winter hier wahrhaftig krass. Klar weiß ich, dass Nordamerika was Schnee angeht keinen Kindergeburtstag feiert, aber hey, SO EISKALT hatte ich das nicht in Erinnerung. Die Detroiter sagen allerdings, sie erleben gerade den heftigsten Winter seit vielen, vielen Jahren. Das Time Magazine schreibt:

„Detroit is experiencing the most extreme weather of any city in the country. Based on cold temperatures and snowfall, Detroit is in the middle of its harshest winter since 1950. Detroit has had 6.5 feet of snow so far this winter and 100 days of below-freezing temperatures.“

wetter detroit schnee räumen

Viel davon habe zu tun mit der geographischen Lage und Pech. Haha. Und das hält weiter an. Below freezing heißt nicht, knapp unter Null, sondern dann geht es in den zweistelligen Minus Bereich. Ich bin so ein Weichei, dass ich es außerhalb des Autos kaum aushalte. Der Eis-Wind lässt jede freiliegende Körperstelle binnen Minuten gefrieren. Zwar habe ich einen Eiskratzer fürs Auto im Koffer, aber einen Gesichtsschutz, den habe ich nicht eingepackt.

Es dauert allerhöchstens 2 Minuten bis meine Finger beim Fotografieren vor Kälte erstarren, ein Daumen schmerzt immer noch davon. Leider führt das dazu, dass ich nicht allzu viel fotografiere und die meisten Strecken tatsächlich mit dem Wagen zurück lege. Habe mich also voll angepasst.

Detroit Michigan Central Station Mercedes-Benz GLK

Ganz anders wird mir, wenn ich junge Mütter mit Baby auf dem Arm an Bushaltestellen stehen sehe. Die Busse hier verkehren sehr selten, und ich kann nur hoffen, dass sie überhaupt kommen. Einer jungen Frau, die mit ihrem kleinen Kind mitten in der eisigen Pampa stand, bot ich an, sie mit zu nehmen. Sie lehnte ab. Was ich vielleicht auch getan hätte. Aber ohne eigenen Wagen ist es nicht leicht in der Motor City. So viel steht fest. Beschissene Busverbindungen, weite Entfernungen – da kann der einfache Weg zur Arbeit schnell zwei Stunden dauern.

Detroit_day2009

Detroit_day2030

Detroit Highway

Bei einem Wetter in Detroit von -11 Grad bin ich zudem heilfroh, dass ich mich auf den Wagen verlassen kann. Eine Panne bei den Temperaturen möchte ich nicht unbedingt erleben. Die allerdings kann hier leichter geschehen, als einem lieb ist und muss auch gar nicht direkt mit den Temperaturen zu tun haben. Die Straßen in Detroit sind teilweise wirklich krass. Einmal kurz nicht aufgepasst und du schlägst mit dem Wagen in ein monströses Schlagloch, das eine Weiterfahrt unmöglich machen würde. Auch davon blieb ich bisher verschont. Dabei finde ich, Auto fahren erfordert hier deutlich mehr Aufmerksamkeit als in Deutschland. Ich habe mich gefragt, woran das liegt. Aber zu den schlechten Straßen kommen Unmengen an Verkehrsschildern hinzu, dazu sind die Ampeln anders platziert, man darf mal bei rot rechts abbiegen, mal nicht, dann blinkt die rote Ampel, dann wieder nicht. Dann fällt mein Blick wieder auf solche Schilder

„Injure/Kill a worker $ 7500 + 15 years“

und vor Schreck fahr ich bei rot drüber.

Wetter Detroit Arschkalt

Wetter Detroit Arschkalt Ambassador Bridge

Wetter Detroit verlassenes Haus Detroit

Wetter Detroit Arschkalt winter

Wetter Detroit

Detroit_day2014

Skidmore Studio Detroit

Skidmore Studio Detroit

zu Besuch im Skidmore Studio in Downtown

Detroit free press Tageszeitung Detroit

neuer Bürgermeister, neue Hoffnung

Bisher bin ich begeistert von den vielen Läden, die ich besuchen konnte und den Menschen, die ich traf und mit ihnen über ‚the big D‘ quatschen konnte. Auch wenn meine Fotos Detroit vielleicht eher von der tristen Seite zeigen, ich liebe diese Stadt und ich kann nur jedem empfehlen, sie einmal an sich ran zu lassen. So dringend Detroit Veränderungen benötigt – sind sie da, ist ein Teil, der die Stadt gerade ausmacht, vielleicht schon verschwunden.

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7 Kommentare

  1. Mara

    Ich finde Deine Photos schon überzeugend genug. Wahnsinnig interessante Stadt. Aber mich zu überzeugen ist nicht so schwer – ich nehme mit Kusshand jeden Quadrat-Zentimeter Amerikas. 😉

  2. herr stiller

    Hat ja teilweise schon etwas post-apokalyptisches. Aber ich glaube, ich kann die Faszination nachvollziehen. Auch dieses Durchatmen der Stadt nach dem Bruch und in Erwartung des Neuerwachens.

  3. Cornelia Lohs

    Schlaglöcher sind in ganz Michigan ein Problem. Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, ist das immer ein richtiges Slalomfahren. Die Autos leiden ganz schön darunter. Aber: hat das Auto unter den Schlaglöchern lange genug gelitten und die Reparaturkosten häufen sich, muss ein neuer fahrbarer Untersatz her. Das kurbelt die marode Autoindustrie in Detroit an, die noch vor gar nicht so langer Zeit kurz vor dem Bankrott stand. Eine Detroiterin meinte damals: wozu weitere Sanierungspläne für die angeschlagene Autoindustrie? Mehr Schlaglöcher sind die Lösung!

  4. Vera

    Oh, ich glaube ich habe mich in deinen Blog verliebt!
    Über Marco Polo bin ich hierher gekommen und ich mag deinen Stil unheimlich gerne. Du schreibst witzig und trotzdem informativ, genau das richtige, um in Gedanken Reisepläne zu schmieden und den ein oder anderen dann doch Immer konkreter zu planen 😉

    LG Vera

  5. Jörg Sion

    So wie Dir ging es mir im Juli 2014: Nicht, dass wir uns halb todgefroren hätten, nein, a aber auch ich schloss sehr schnell Freundschaft mit der Stadt. Irgendwie berührt die Stadt, die es wahrlich nicht leicht hat, die damit fertig werden muss, auf eine große Geschichte zurückblicken zu müssen, die sie nicht (in Gänze) hat in die Gegenwart retten können. Aber inspirierend ist sie, aufregend. Und sie kann auch glücklich machen, wenn man sieht, dass aus einer Betonfläche ein schöner kleiner Park wurde, wenn man beobachtet, dass endlich lang leerstehende Häuser wieder nutzbar gemacht werden, wenn man vollkommen ungefährdet auch nachts durch downtown läuft. Man freut sich auch mit den Bewohnern, dass es jetzt viele Ideen und auch Unterstützer gibt. Ich werde Detroit auf jeden Fall wieder besuchen, freue mich jetzt schon aufs Wiedersehen.

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