Eine Reifenpanne in der Pampa Englands – und nu?

Eine Reifenpanne in der Pampa – genau das hatte mir auf meinem Roadtrip durch Südengland gefehlt! Pleiten, Pech und Pannen gehören zwar zum Reisen dazu, aber auf eine Reifepanne im Ausland hätte ich gut verzichten können. Zu behaupten, dass immer alles glatt läuft bei mir, wäre gelogen. Oft geht es auf meinen Reisen stressig und chaotisch zu, da ich dazu neige, meine Vorbereitungszeit auf das nötigste zu reduzieren. Aus Pannen entstehen aber oft sehr lustige Reisegeschichten, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Wie zum Beispiel die hier:

Ich möchte meinen Geschichten-Fundus heute erweitern und erzähle euch von meiner Reifenpanne mitten in der Pampa Südenglands. Auch wenn die Pampa wunderschön war, bleibt es eine Pampa in diesem Fall.

nichts geht mehr bei dieser Reifenpanne

 

Wie mich eine Reifenpanne drei Tage lahm legt

„Wollen wir nicht einfach einen Tag länger bleiben?“ An diesen Satz dachte ich seufzend zurück als ich am Abend vor unserer geplanten Abreise aus Südengland in totaler Dunkelheit allein im Auto sitze und auf den Abschlepper warte. Das Radio plärrt vor sich hin, die Sitzheizung hält mir den Arsch warm. Immer mal wieder schmeisse ich den Motor an um sicher zu gehen, dass bei der Batterie alles paletti ist. Wobei ich, so wie es aussieht, diesen Platz ohnehin nicht mehr auf den eigenen 4 Rädern verlassen würde.

Was war passiert?

Während die Family Bälle rund um das Haus kickte, verpieselte ich mich samt Auto um Fotos zu machen. Ein ML von Mercedes-Benz, ein echter Offroader, für den eine grüne Wiese überhaupt kein Hindernis darstellt wie ich selbst miterlebt hatte. Steine in den Reifenprofil mitunter schon. Und dann lief irgendwas blöd. Ein Haufen Kühe beschwerte sich lautstark über meine Anwesenheit in ihrem Revier. Ich geriet in Hektik, nichtwissend ob die Viecher einen Weg fanden, her zu stapfen. Während ich mein Zeug schnell wieder einpackte um mit einem beschissenen Foto die blöde Wiese wieder zu verlassen, vernahm ich ein deutliches zischen. Zischen? WTF. Ich dachte an nichts böses, fuhr aber dennoch deutlicher schneller als geplant um aus der Handynetzlosen, einspurigen und unbewohnten Pampa zu entfliehen.

schmale Straßen in Südengland, besser nicht liegenbleiben

eine Straße, auf der man nicht liegen bleiben möchte! (fotografiert VOR der Panne)

Reifen überprüfen Warnzeichen im Mercedes-Benz ML

Und tatsächlich, die Reifendruckwarnanzeige sprang an und sank verdammt schnell. Kackmist. Schaffe ich es bis zur Tanke? Selbst wenn, was nutzt mir das? Umdrehen? Durchziehen? Aaaahhh. Nur weg von dieser einspurigen Straße. Auf der Felge fahren zu fahren war keine gute Idee also gab ich Gas! Ein kleiner Wettkampf zwischen Reifendruck und Geschwindigkeit begann und während die Anzeige weiter blinkte suchte ich mir ein gemütliches Plätzchen zum liegenbleiben aus. Und landete vor…einer Milchfabrik.

FUCK.

Jemand muss Aufbauarbeit leisten. Ich rufe Alex auf dem Handy an. AUCH um zu sagen was los ist. Schliesslich konnte das hier länger dauern.

„Was? Eine Reifenpanne? Ja aber…Können wir denn dann Morgen nach Hause fahren? Was? Mein Akku ist gleich lee…“

GRMPF.

Alle Handykabel hatte ich bei mir im Auto. Top. Und so sass ich also herum und harrte der Dinge, die da kommen würden. Statt ADAC, den ich normalerweise angerufen hätte, wählte ich die Nummer der Mercedes-Benz Service Hotline. Optimaler Zeitpunkt dazu, ein später Ostermontagabend. Aber der gute Mann war willig, sich mit meiner Misere auseinander zu setzen. Gemeinsam beratschlagten wir, was zu tun sei.

Nun halten sich meine Erfahrungen mit Reifenpannen in Grenzen. Genauer gesagt hatte ich inklusive dieser hier 3. Ein geplatzter Reifen auf der linken Spur der Autobahn, ein Nagel im Reifen in Amsterdam, jetzt das. Die Stimme am Telefon holt mich aus meinen Gedanken…

„Haben Sie schon mal versucht, den Reifen wieder aufzupumpen?“

Äh. (Wie denn???)

Ja, es ist peinlich. Und ja. Ich KANN keine Reifen wechseln. Und ja. Schon nach der letzten Reifenpanne wollte ich das dringend ändern. Aber zu meiner Verteidigung muss ich sagen, ich HATTE gar keinen Ersatzreifen dabei. Im Kofferraum fand ich schliesslich das was ich brauchte um den Reifen wieder voll zu pumpen. Für sicherlich 1 Minute sah es gut aus.  Doch der Riss war so groß, dass die Luft binnen einer Minute wieder raus war.

welcome to chard

meine Milchfabrik…

Der Mann am Telefon hatte es also mit einem schwerwiegenden Fall zu tun. Mit mir. Er stellte mir in Aussicht, den Abschlepper zu rufen, der aber aus 40 Kilometer Entfernung anrücken müsse, was weitere 90 Minuten dauern würde.

Abschlepper? Wegen einer Reifenpanne? Really? Was ist mit den guten, alten Lösungen wie Loch flicken oder einen neuen Reifen aufziehen? Hallo? Ich musste einsehen, dass das Loch sicher zu groß war, um es zu flicken und der Reifen zu speziell um binnen weniger Stunden einen neuen aufzutreiben.

„Haben Sie schon mal nachgesehen, ob Sie ein Tire Fit dabei haben?“

„Ein WAS?“

Orr. Er hatte es nicht leicht mit mir. Ich lernte, dass Neuwagen wahlweise mit einem Ersatzrad ausgestattet werden oder eben mit besagtem Tirefit, das in der Not löchrige Reifen provisorisch von innen stopft. Quasi. Da ein so großes Rad wie der ML benötigen würde den Kofferraum verstopft, war mein Wagen mit einem Tirefit ausgestattet.

Ich räumte also den Kofferrauminhalt ein weiteres Mal auf die Straße und kramte das Zeug hervor. Zurück zum Herrn am Telefon, der mir einen Ratschlag mit auf den Weg gab:

„Sie haben nur einen Versuch, das Tirefit anzuwenden. Wird es falsch angewandt, kann der Reifen nicht mehr repariert und genutzt werden.“

So saß ich also auf meinem Bordstein vor der Milchfabrik, starrte auf das Tirefit, starrte auf den Reifen. Das Tirefit. Den Reifen. Die hochschwangere Frau. Huch. Vor mir stand eine freundlich lächelnde junge Frau mit einer heißen Tasse Tee in der Hand, die sie mir runter reichte. Sie habe mich ein wenig beobachtet, und wollte mir etwas zum aufwärmen bringen. Wow!

wärmender Kaffee von sehr lieben Menschen bei meiner Reifenpanne

Tirefit rein oder tirefit lieber nicht rein

Nichts geht mehr bei meiner Reifenpanne

Ich beschloss, die Tirefit Aktion bleiben zu lassen. Wohin sollte ich auch mit diesem riesigen Loch fahren? Nachher hielt es nicht und ich blieb in der Pampa auf dem Weg nach Hause liegen? Ohne Handyempfang, auf einer engen, einspurigen Straße? Nee. Also einigten wir uns auf den Abschleppwagen.

Wie ich hier so stand, seit Stunden mittlerweile, gab ich ein ungewohntes Ziel ab für die riesigen LKW, die mit ihrer Fracht in die Haupteinfahrt donnerten und mich und den Wagen erst im letzten Moment wahrnehmen. Je länger ich hier stand, desto mehr befürchtete ich, dass bald nicht mehr der platte Reifen mein Problem sein würde, sondern (m)ein zu Schrott gefahrenes Auto.

ML_England_iphone_009

Immer wenn ich den Motor anschmiss, tauchte ich die Einfahrt der Milchfabrik und damit das 1-Mann stark besetzte Empfangshäuschen in ein gleißendes Licht. Das Licht tanzte hin und her und stellte sich ein. Der Sicherheitsmann nahm es augenrollend hin, weigerte sich im Gegenzug aber auch, sein blödes Häuschen zu verlassen um mal zu gucken, ob er helfen kann. Pfff.

Nach dem Bottich Tee musste ich pullern. Na toll. So pfiffig wie es war, vor der beleuchteten Milchfabrik liegen zu bleiben, so dämlich fand ich die Idee jetzt. Überall Scheinwerfer, Kameras, LKW-Fahrer. WIE SOLL MAN DENN DA IN RUHE… Ich wühlte mich durch die Dunkelheit bis ich mich unbemerkt wähnte. Jaja, auch sowas gehört zu den Pannen dazu. Irgendwann kurz vor Mitternacht traf der Abschlepper ein, zog den Wagen ruckizucki hintendrauf und brachte mich durch die engen Straßen nach Hause.

Der Abschlepper zieht den ML hoch

Einen Tag lang dauerte es, bis ein neuer Reifen organisiert war. Unsere Unterkunft und somit unseren Urlaub in Südengland hatten wir dann also tatsächlich um einen Tag verlängert. Für diesen Tag bekamen wir einen Leihwagen zur Verfügung gestellt. Ich war sehr dankbar, dass da jemand war, der sich nach einem Anruf um meine komplizierte Panne kümmerte. Und würde aus besagtem Grund aber auch nie eine Mitgliedschaft beim ADAC kündigen.

Habt ihr ähnliche Stories erlebt? Eine (Reifen-) Panne auf Reisen? Erzählt mir doch davon in den Kommentaren oder postet eure Links zur Story!

Bisher veröffentlichte Reiseberichte aus Südengland (more to come…)

Per Instagram nach Südengland – mit dem Auto von Dover bis Marazion

4 Kommentare

  1. Georg

    Ja, bitte um weitere Berichte nach Südengland.
    Für uns geht es auch in 14 Tagen für 14 Tage nach Somerset mit Frau, Kind, Hund.

    Und vor zig Jahren hatte ich mal einen Motorschaden an meinem alten Auto aus Ungarn kommend. Österreichische AFÖ ? brachte mich mit Auto nach Passau, ein Taxi in ein Hotel, ein Mietwagen zurück nach Hause und das Auto kam huckepack in eine von mir ausgesuchten Werkstatt. Das war perfekt und ich musste nirgendswo einen Pfennig (!) zahlen.

    Heute habe ich eine Mobilitätsgarantie von meinem Automobilhersteller…. Die möchte ich aber nicht vergleichen.

    So, freue mich demnächst auf handwarmes Bier und kühlen Cider.
    Cheers Georg

Dein Kommentar